Halbleiter Knappheit oder Krise?


Einführung

Das Thema «Halbleiter Knappheit» ist zumindest bei technisch interessierten schon etwas länger ein Thema. In den letzten Wochen erreicht das Thema nun auch die breite Gesellschaft und Menschen die eigentlich mit Informatik und Hightech nicht so viel zu tun haben, stossen in Bereichen, die man vielleicht nicht direkt mit Halbleitern verbinden würde, zusammen.

In diesem Artikel versuche ich für Interessierte das Grundwissen über Halbleiter grob zu erklären und auch aufzuzeigen, dass wir mittlerweile doch eher in eine «Halbleiter Krise» schlittern oder sogar schon mittendrin sind.

Halbleiter?

Sucht man im Internet nach Halbleitern wird man schnell auf einem Wikipedia Artikel landen, der erklärt was Halbleiter sind. Es ist eine sehr auf Physik bezogene Erklärung und ich möchte hier auch nicht gleich jeden verwirren. Im Prinzip sind es Materialien, die bei unterschiedlichen Temperaturen besser oder schlechter elektrisch leitend sind. Ein Anwendungsbereich solcher Materialien liegt in der sogenannten Halbleiterelektronik. In diesem Bereich finden sich dann auch all die Teile wie integrierte Schaltungen oder Microprozessoren, die wir heute in praktisch jedem Gerät vorfinden. Dies reicht von unserem Handy über Mamas Küchenmaschine oder Mikrowelle bis hin zu Systemen in Fahrzeugen oder in der Medizin. Der Volksmund nennt dies vielfach auch einfach Chips, also die kleinen intelligenten Hirne in all den Geräten, die uns umgeben.

Um das Thema nicht unnötig zu komplizieren, nenne ich es nun einfach mal «Chipkrise», darunter kann man sich vielleicht mehr vorstellen.

Microchip
Microchip

Die Anfänge der Krise

Viele werden mit dem Beginn der Krise am ehesten mit Beginn der Covid-19 Pandemie in Berührung gekommen sein. Zu Beginn der Pandemie, wo als erstes China in den Lockdown ging, standen schlicht und einfach die grossen Chipfabriken in Asien still.

Man hat es in den letzten Jahrzenten verpasst auch in anderen Regionen dieser Erde entsprechende Technologien und Waren herzustellen. Dies hat wiederum dazu geführt, dass im speziellen China riesige Fabriken hochgezogen hat die Chips in so grossen Mengen herstellen können, dass alle namhaften Hersteller um den Globus auch in China herstellen lassen, um günstiger und mit weniger Bürokratie schneller an grosse Mengen zu kommen. Ein Grossteil der elektronischen Geräte wie Handys, Computer, Unterhaltungselektronik, Elektronik in Autos, Flugzeugen oder fast allem was einen Chip hat, wird ganz oder teilweise in China produziert.

Was lange gut funktioniert hatte, wurde nun zu einem Problem da man künstlich eine nicht kurzfristig lösbare Abhängigkeit zu den Herstellern geschaffen hatte.

Gamer mit Xbox Controller in der Hand
Gamer mit Xbox Controller in der Hand

Die ersten und zweiten die es traf

Die ersten die mit dem Problem konfrontiert wurden, waren vor allem Menschen, die gerne an Computern oder Spielkonsolen spielen. Eine neue, schnelle und am Ende überhaupt eine Grafikkarte irgendwo beschaffen zu können, war und bleibt praktisch unmöglich oder wenn, zu völlig absurden Preisen. Eine aktuelle RTX 3080 Grafikkarte die um die 700, 800 Franken gehandelt wurde, war plötzlich teilweise 2’000 bis 3’000 Franken teuer. Dies durch die geringen verfügbaren Stückzahlen und dadurch das viele die eine ergattern konnten, sie zu unverschämten Preisen wieder angeboten haben. Auch Spielekonsolen wie die neue Xbox, die vor über einem Jahr gelauncht wurde oder einer PS5 sind bis heute nicht erhältlich.

Verschärft wurde die Situation dann durch die weltweiten Lockdowns in denen plötzlich viele ins Homeoffice mussten und auf Computer, Webcams und Headsets angewiesen waren. Die ungeheure Nachfrage nach solchen Artikeln hat den Markt noch zusätzlich trockengelegt

Die Autoindustrie

Die Autoindustrie war dann die nächsten die es traf. In einem modernen Fahrzeug steckt eine beachtliche Menge an Chips und Elektronik, ohne die ein Auto heute nicht mehr fährt. Die ganzen Helferlein, Sicherheitssysteme, Assistenzsysteme in allen Preiskategorien, haben dazu geführt, dass namhafte Hersteller wie VW, Mercedes, Tesla, usw. die Bänder abstellen mussten und keine neuen Fahrzeuge mehr liefern konnten und können. Vor allem grosse Dachkonzerne wie VW haben sich im ersten Schritt damit beholfen die Tochterfirmen stillzulegen, wie z.B. Skoda, um die eigenen Bänder am Leben zu erhalten. Mittlerweile jedoch sind alle Marken durchs Band davon betroffen und haben riesige Wartefristen, die nicht mal bestätigt werden können.

Insbesondere bei Fahrzeugherstellern wird sich die Krise wohl noch länger auswirken. Auch wenn ein modernes Auto auf den ersten Blick die letzten Technik Gimmicks drin hat, so sind die Chips dahinter ziemlich veraltet. Dies hat damit zu tun, dass in der Auto oder auch Flugzeugindustrie nicht einfach der neueste Chip genommen werden kann, da jede Änderung an einer solchen Komponente alle Zulieferer betrifft und darüber hinaus der Einsatz von neuen Technologien erst einmal geprüft, genehmigt und integriert werden muss. In den Sparten kann das auch mal einige Jahre gehen. Die Chiphersteller, die jedoch ihre Fabriken wieder offen haben, wollen natürlich jetzt die Chips herstellen, mit denen sie am meisten verdienen und konzentrieren sich daher auf neue Modelle, weil eine solche Fabrik auch erst von einer Chip Generation auf die andere umgestellt werden muss und daher keiner Interesse daran hat, seine Fabriken mit der Herstellung von «alten» Chips zu beschäftigen.

Die dies (eigentlich) nie trifft

Ein grosser Name, den solche Krisen meist nicht treffen ist z.B. Apple. Apple bestellt in so grossen Mengen und sichert sich vor allem Produktionskapazitäten weit im Voraus, dass es Apple eigentlich nie trifft. Nun musste aber auch Apple trotz Garantien der Hersteller seine Produktion zurückfahren, da durch die teilweise Öffnung der Länder, die Kaufkraft wieder steigt, die Chip Industrie aber noch so im Chaos liegt, das es nun auch die grossen trifft. Apple war dann auch immer sowas wie ein Richtwert, also wenn die keine Probleme haben, dann gibt es kein Problem. Nun, das hat sich nun geändert und daher nimmt nun nicht nur auch die Techindustrie das Problem wahr, sondern jedermann.

Die eigentliche Gefahr

Wir sind alle so mit der Pandemie beschäftigt, dass die Wahrnehmung des Problems bis jetzt als «Luxusproblem» abgetan wurde. Ist auch nicht so schlimm, wenn es mal keinen neuen Computer oder ein neues Handy gibt.

Die Gefahr, die aber besteht, ist dass das Problem in sensible Bereiche überschwappt, die Geräte in der Medizin, Lebenserhaltende Systeme, Infrastruktur wie Alarmierung, Infrastruktur der Blaulichtorganisationen. Dies ist auch kein staatlich regulierter Markt, das gibt’s keinen Notfallplan oder Bestrebungen der Politik dem entgegenzuwirken. In Europa werden zumindest die Stimmen lauter das man sich weniger Abhängig machen sollte und Alternativen in Europa hat zu den Fabriken in China. Aber das kann noch Jahre dauern und ich bin mir nicht sicher, ob dies dann auch verfolgt, wird wenn denn wieder alles etwas normaler läuft.

Operationssaal mit Diagnosegerät im Vordergrund
Operationssaal mit Diagnosegerät im Vordergrund

Fazit

Dieser Artikel soll auf keinen Fall als Angriff auf Asien oder deren Industrie gewertet werden. Die Menschen zentralisieren seit Jahrzenten alles zusammen, um auch unnötige Kosten zu verhindern. Nur ist es halt so und dafür kann auch Asien nichts, das heute an vielen Orten die Gewinne nicht neue Projekte fliessen, um vielleicht auch hier nachhaltiger produzieren zu können, sondern sie gehen an einige wenige die manchmal vielleicht ein bisschen zu fest auf den Gewinn fokussiert sind, denn einer nachhaltigen stabilen Produktion in den eigenen Reihen.

Am Ende sind wir aber halt auch mitverantwortlich, immer das neuste zum besten Preis haben zu wollen, das schafft solche Konstrukte, die zwar ganz gut sind, wenn alles glatt läuft, bei genauer Betrachtung ganz schön instabil werden kann, wenn was passiert. Ich denke wir sehen das selbst jeden Tag in unserem Leben, es ist immer wieder eine Abwägung von Vor- und Nachteilen und der Betrachtung des «möglichen» Risikos und man geht ja nicht gerne vom schlimmsten aus…

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